Am 27. März 2017 fahren wir von Zipolite Richtung Oaxaca. Die Strecke ist ein Genuss. Kurve an Kurve durch die Berge, wenig Verkehr und griffiger Asphalt durch wunderschöne Natur. Das alles bei angenehmen Temperaturen. Das letzte Stück Wegstrecke nach Oaxaca geht es dann weiter ohne Berg rauf und Berg runter. Obwohl diese Hochebene auf über 1000 m liegt, ist es dort wieder heiß und schwül. Zwei Tage besichtigen wir Oaxaca, die, wie viele Städe in dieser Region, aus der Kolonialzeit stammt.
Am 29. März 2017 geht es weiter nach Puebla. Da es über 300 km zu fahren sind, übernachten wir unterwegs. Kurz vor dem Örtchen Acatlan del Osorio, wo wir über Nacht pausieren wollen, höre ich ein klapperndes Geräusche von irgendwo in meinem Motorrad. Ich lokalisiere es „unter dem Sitz“ bzw. weiter unten. Wir fahren gemässigt und vorsichtig weiter, obwohl vom Fahrverhalten kein Unterschied zu merken ist. George montiert abends meinen Motorschutz ab und es findet sich ein Stein darin. Wahrscheinlich stammt dieser von einer Schotterstrecke, die wir zwischendurch passieren mussten. Für’s nächste Mal wissen wir Bescheid, wenn es klappert.
Am 30.März.2017 fahren wir auf gutem Asphalt den Rest der Route nach Puebla. Unterwegs frühstücken wir in einem dieser kleinen familiären Strassenrestaurants, die im Grunde nur aus einer Hütte und ein paar Tischen und Stühlen bestehen. An diesem Morgen wird unser Essen auf offenem Feuer gekocht und gebacken. Hühnchen in Tomatensosse mit Reis, frischen Tortillas, Bohnen und Agua Papaya, ein Getränk aus Papaya und Wasser. Natürlich auch frisch zubereitet. Ein ungewohntes, aber leckeres mexikanisches Frühstück. Der Besitzer kann englisch und fragt uns nach dem Woher und Wohin. Wir berichten und loben das schöne Land Mexiko und die Freundlichkeit der Menschen. Er sagt: Mexiko ist schön, aber arm. Wir können solche Reisen nicht machen. Manche Leute hier waren noch niemals in der nächst grösseren Stadt.“ Wie überall klafft auch in Mexiko die „Schere“ zwischen Reich und Arm sehr weit auseinander. In solchen Momenten wird uns mal wieder bewusst, welche Freiheit wir besitzen und wie „reich“ wir sind und dass es keine Selbstverständlichkeit ist, so zu reisen.
Eine Weile, bevor wir Puebla erreichen, sehen wir links der Strecke in der Ferne den Popokatapetel. Was einem vor vielen Jahren im Erdkundeunterricht als lustige Bezeichnung für einen mexikanischen Vulkan im Gedächtnis hängen blieb, sehen wir nun im vorbei fahren mit eigenen Augen.
Puebla hat neben modernen Stadtteilen eine schöne und lebhafte Altstadt. Viel Verkehr und an fast jeder Ecke eine alte Kirche.
Wir besichtigen die beeindruckende Bibliothek, die auch viele prunkvolle, alte kirchliche Reliquien aus Gold und Edelsteinen in einer Ausstellung zeigt.
Und wie überall in Mexiko hört man in der Stadt oft Musik. Die Menschen lieben es, zu tanzen. Das ist Lebensfreude pur.
Am 03.April. 2017 reisen wir ab Richtung San Miguel de Allende. Die Fahrt geht über die mautpflichtige Schnellstrasse rund um Mexiko City. Das wurde uns so empfohlen, weil der Stadtverkehr in Mexiko City chaotisch sein soll. Aber auch rund um Mexiko City ist die Bevölkerungsdichte sehr hoch und die Strassen viel befahren. Da wir bisher in Mexiko fast immer auf Landstrassen gefahren sind, ist die höhere Geschwindigkeit erst mal ungewohnt oder besser gesagt, der dichte Verkehr. Auch auf den mautpflichtigen Strassen ist man vor tiefen Schlaglöchern nicht sicher, dafür gibt es keine Topes. Wir übernachten in Politican. Auch manche kleine Ortschaft auf unserer Route, haben durchaus ihre Reize.
Am nächsten Morgen geht es dann wieder auf die schnelle Piste. Ich bekomme einen riesigen Schrecken, als ich mit 100 km/h durch ein tiefes Schlagloch krache und George fährt kurz vor San Miguel durch einen Bienenschwarm. Einige Bienen überleben diesen Zusammenstoss nicht, kleben überall am Motorrad und andere verfangen sich zudem lebend im Helm und stechen. Das alles zusammen erzeugt Stress und wir wollen danach einfach nur schnell in unserem Hostel ankommen. San Miguel de Allende ist eine sehr alte Stadt und die Strassen bestehen überwiegend aus Kopfsteinpflaster. Die Hauptstrassen aus behauenen Steinen, die kleineren einfach aus grossen Kieseln, die in Beton verlegt werden. Die Fahrspuren sind zum Teil eingesunken und man hat das Gefühl, dass man das Motorrad nicht richtig lenken kann.
Die Stadt ist auf Hügeln gebaut und so geht es rauf und runter. Dazu muss man die Einbahnstrassen beachten, die nur durch kleine Schilder mit einem Pfeil an Hauswänden angezeigt werden. Nach der schnellen Fahrt mit Schlaglochschreck und Bienenschwarm, biegen wir verkehrt in Einbahnstrassen. Auch, weil manche Strassen wegen Baustellen gesperrt sind, aber keine Umleitung angezeigt wird. Aber irgendwann stehen wir vor dem Hostel Lool Beh. Im Hof stehen schon zwei Motorräder und eines gehört Dirk, den wir in San Cristobal kennen gelernt haben. Das andere Gary aus den USA. Was für eine freudige Überraschung. Erst mal einen Kaffee und dann tauschen wir Erlebnisse aus.
Das Lool Beh Hostel ist sehr gemütlich und ein Ort zum relaxen. Nur 10 Minuten zu Fuss sind es zum Zentrum dieser Stadt. San Miguel ist sehr alt und sehr schön und zu Fuss wirken die Kopfsteingassen Berg rauf und Berg runter zusammen mit den bunten, alten Häusern sehr romantisch. Allerdings ist alles teurer, als in anderen Städten. Hier haben sich viele US-Bürger nieder gelassen und wo diese sind, steigen die Preise.
Vom 04. bis 07.April.2017 haben wir drei entspannende Tage in San Miguel.
Als nächstes Ziel haben wir uns Jalpan de Serra ausgesucht. Die Stadt liegt ca. 250 km entfernt von San Miguel, mitten in einer grossen Biosphera. Nach der schnellen Umrundung von Mexiko City, wollen wir es jetzt wieder langsamer angehen lassen und statt grössere Städte zu besichtigen, eine Weile in der Natur zubringen.
In Bernal machen wir einen Zwischenstop und bleiben eine Nacht, denn dieser kleine Ort hat als grosse Besonderheit den angeblich dritthöchsten Monolithen der Welt. Der Ort liegt auf einer Hochebene und der aufragende Monolith ist tatsächlich eine gewaltige Erscheinung.
Da wir unser Hotel nicht auf Anhieb finden, müssen wir wenden und ich stelle fest, dass ein kurzer Augenblick der Unaufmerksamkeit auf dem Motorrad, Folgen hat. Beim anhalten habe ich den Lenker leicht gedreht, kippe, kann das Motorrad nicht mehr halten und plumpse auf die Seite und prelle mir die Rippen. Das tut ziemlich weh.
Wie gut, dass der riesige Monolith magische Eigenschaften und Energie verleihen soll. Nachdem wir im Städtchen lecker gegessen haben, nähern wir uns dem Monolithen und steigen ein Stück bergan. Die erste Hälfte gibt es einen guten Weg, danach muss man klettern und am besten mit Ausrüstung. Aber auch auf der Hälfte hat man eine wunderbare Aussicht über Bernal und die Ebene. Wir sitzen da oben, bis die Sonne unter gegangen ist und tanken Energie.
Am 08.04.2017 fahren wir 120 km durch die Berge bis Jalpan de Serra. Ausser ein paar geschotterten Baustellen, ist die Strecke herrlich zu fahren. Berge, Kurven und angenehme Temperaturen.
Wir finden ein sehr günstiges Hotel und bleiben bis zum 21.04.2017 dort. Geprellte Rippen werden üblicherweise erst mal schlimmer, statt besser und wir beschliessen, Ostern in Jalpan zu verbringen. Zum einen, damit die Prellung ausheilen kann und zum anderen, weil über Ostern viele Mexikaner Kurzurlaub machen. Das heisst: Die Preise steigen und Hotels sind oft ausgebucht.
Und es bestätigt sich. Massen von mexikanischen Touristen über Ostern auch in Jalpan.
Die Hotelbesitzer unserer Herberge Hotel Plaza Jalpan, Vianey und Alberique, sind sehr freundlich und suchen den Kontakt zu uns. Vianey kann leider kein Englisch und so helfen ihr Sohn Marco und ihre Tochter Paola bei der Kommunikation.
Uns wird wieder mal bewusst, was einem entgeht, wenn man die Landessprache nicht kann. Reisen funktioniert auch ohne das. Ein Zimmer mieten, einkaufen, Essen bestellen…das geht auch mit Händen und Füssen. Aber sich näher kommen, Gedanken austauschen, das funktioniert so nicht. Wir wünschen ja näheren Kontakt zur Bevölkerung und wollen wissen, wie sie wirklich leben. Schade, dass wir kein Spanisch können.
Dennoch laden Vianey und ihr Mann uns am Ostersonntag zu sich ein, in ihr Haus in Landa, 30 km entfernt von Jalpan. Es wird gegrillt und dank der Kinder, die sehr gut Englisch können, erfahren wir mehr über die mexikanische Lebensweise.
Was wir bei dem Besuch mitbekommen, ist, dass in Mexiko die Familie das allerwichtigste ist. Nicht nur die Eltern und Kinder, sondern auch die Grosseltern, Geschwister und alle anderen Blutsverwandten. Der Zusammenhalt steht an erster Stelle.
Natürlich wissen wir, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Dass diese Idylle auch ihre Schattenseiten hat und die Problematiken wird man sich beim ersten Kennenlernen sicher nicht unter die Nase reiben.
Wir erleben an diesem Ostersonntag eine Familie, die sehr gastfreundlich ist und unglaublich fleissig, damit der Lebensunterhalt gesichert wird.
Unsere Sorge, dass wir über Ostern viel Geld los werden, hat sich nicht bestätigt. Im Gegenteil, so preisgünstig, wie in Jalpan, haben wir selten auf der bisherigen Reise gewohnt. Und es kommt noch besser: Die Familie gibt uns das grösste und schönste Hotelzimmer zu einem super günstigen Preis.
Um Jalpan herum ist herrliche Natur. Es gibt einen Stausee und einen Fluss mit uralten Bäumen. Hier könnte man richtig wandern…allerdings ist es zu heiß. So verbringen wir viel Zeit am Fluss, wo es angenehm kühl ist und eine wundersame, energiespendende Atmosphäre herrscht.
Am 21. April nehmen wir Abschied von unseren liebenswürdigen Gastgebern. Wir bekommen noch Geschenke. Eine traditionelle Stoffpuppe von Vianey. Chivis, die Schneiderin, die Georges marode Jeans perfekt gestopft hat, schenkt uns einen handbestickten Beutel ( einen Morales) mit Marienbild und einem Rosenkranz. Das alles soll uns beschützen. Wir sind gerührt.
So etwas erlebt man nicht alle Tage und die Zeit in Jalpan werden wir in bester Erinnerung und im Herzen behalten.
In Ciudad Valle haben wir ein Zimmer ganz in der Nähe der Mikos Wasserfälle. Nach unserer Ankunft spazieren wir dort hin und verbringen ein paar Stunden unter den schattigen Bäumen und im warmen Flusswasser. Eine herrliche Erfrischung. Es ist Wochenende und viele Leute geniessen diesen Ort. Mit der ganzen Familie wird dort gezeltet, gebadet, gegessen und getanzt. Es ist schön, diese lebhafte Harmonie zu beobachten.
Unsere Fahrt geht am 22. April 2017 nach Rio Verde. In einer als Hotel umgebauten alten Zuckerrohrmühle, finden wir ein Zimmer. Die sehr freundliche Besitzerin, Alyssia, erzählt uns die Geschichte der Mühle und ein bisschen über die Historie des Zuckerrohrs. Sie hat gründlich recherchiert, alte Fotos gesammelt und das Hotel damit gestaltet. Einige alte Mauern, das Mühlrad und der alte Kamin wurden in das neue Hotelgebäude integriert. Das alles macht die Räumlichkeiten gemütlich und sehenswert.
Am 23. April 2017 geht’s weiter nach San Luis Potosi. Da wir dort nur übernachten wollen, entscheiden wir uns für ein Love-Motel an der Hauptstrasse. Dort kann man Zimmer auch nur für ein paar Stunden mieten, aber wir bleiben die ganze Nacht. Das Zimmer ist Love-Motel mässig gestaltet…aber sehr sauber. Jeder Raum hat seine eigene Garage. Essen und Getränke kann man per Telefon bestellen. Speis und Trank werden dann in einer kleinen Durchreiche mit Drehteller abgestellt und auch durch diese bezahlt. Für eine Zwischenübernachtung sind diese Motels gut, günstig und sauber.
Am 24. April erreichen wir Zacatecas und bleiben bis zum 26. April 2017. Auch wieder eine alte Kolonialstadt auf 2400 m. In dieser Gegend ist wenig internationaler Tourismus.
Zwei Tage bleiben wir in Zacatecas. Wir stellen fest, dass der Aufenthalt im Gebirge uns körperlich anstrengt. Besonders, wenn es auf über 2000 m geht. Herzklopfen. Ausgetrocknet fühlen. Kopfweh und Müdigkeit. Vielleicht eine leichte Form von Höhenkrankheit?
Die Stadt hat steile Gassen, und das Laufen strengt uns an. Aber die schöne Altstadt ist die Belohnung für’s kraxeln. Wir entdecken ein griechisches Kaffeehaus, welches es schon seit vielen Jahren in Zacatecas gibt. Die Einrichtung ist original, aber es gibt nicht mal griechischen Mocca. Der Cappuccino schmeckt fürchterlich.
Vom 26. bis 28. April.2017 schauen wir uns Durango an. Eine moderne, reiche und saubere Stadt. Eine sehr lange Fussgängerzone mit netten Strassencafes und Kneipen.
Durango ist die Stadt der Skorpione. Nicht im Stadtgebiet, aber im Umland leben die sehr giftigen weissen Skorpione. Ein Stich kann tödlich sein und man hat nur ca. 15 Minuten Zeit, um gerettet zu werden. Am letzten Abend gehen wir ein Bier in einem verrückt dekorierten Pub trinken und probieren auch Mezcal. Einen typisch mexikanischen Schnaps. George bekommt ihn mit Skorpioneinlage, und verzehrt diesen zusammen mit dem Schnaps. Ich verzichte dankend und trinke den Schnaps lieber vegetarisch, mit Minze.
Am 28.04. 2017 bricht dann unsere letzte Fahrt durch das mexikanische Hochgebirge an. Auf der Fahrt haben wir fantastische Aussichten. In der Umgebung von Durango sind viele Westernfilme gedreht worden und so sieht die sich weit ausbreitende Gebirgslandschaft auch aus. Tiefe Täler mit grünen Büschen, hohen Nadelbäumen, in denen sich Flüsschen zwischen riesigen Felsbrocken winden…..mit ein bisschen Fantasie kann man sich dort sehr gut Tipis, Totempfähle, Indiander und Cowboys auf Pferden vorstellen.
Diese glasklare Luft, die zauberhaften Landschaften und dazu angenehme Temperaturen finden ihr Ende in Mazatlan, wo wir nur übernachten.
Dann geht es weiter nach Culiacan. Vom 29. bis 30.April 2017 übernachten wir in der touristisch unattraktiven, von Industrie und Landwirtschaft geprägten Stadt.
Letzte Station wird Topolobampo sein. Der kleine Hafen, wo uns eine Fähre innerhalb von 6 Stunden zur Baja California bringen wird.
Die Musik im Video war ein „Ohrwurm“ von George, mit dem er mich auf hunderten von Kilometern nicht nur einmal genervt hat…. 🙂