Am 30.April 2017 sind wir in dem kleinen Hafenort Topolobampo. Von dort geht die Fähre, Baja Ferries, in Richtung La Paz auf der Baja California. Wir erreichen den Hafen schon vormittags, kaufen uns Tickets. Die Fähre geht erst um 23 Uhr abends und so dösen wir den Tag vor uns hin. Zum Glück im Schatten eines Baumes, denn es ist heiß.

Das Beladen der Fähre beginnt um 20 Uhr und zieht sich bis 23 Uhr hin. Die Halbinsel wird vom mexikanischen Festland mit Ware versorgt und so müssen viele LKW-Container auf die Fähre gebracht werden. PKW und Motorräder werden zum Glück als erstes verladen. Um unsere Möps zu fixieren, drückt man uns ein Seil in die Hand. Fest binden müssen wir sie selber. Spezielle Vorrichtungen für Zweiräder sind anscheinend nicht vorhanden. Für uns gibt es keinen Tanz in den Mai, sondern eine Nacht in unbequemen Pullmannsitzen. Pluspunkt ist, dass im Ticketpreis Abendessen und ein Frühstück enthalten sind.

Am 01. Mai 2017 um 6 Uhr morgens legt die Fähre im Hafen in der Nähe von La Paz an.

Aber so schnell kommen wir nicht aus dem Hafen, denn es finden 5 Kontrollen statt. Warum und wieso ist schleierhaft. Vor allem wirkt das so unprofessionell. Namen und Daten werden auf Zetteln notiert, aber nicht korrekt und auch nicht komplett z.B. unsere Fahrgestellnummern. Ganz oberflächlich werden Autos durchsucht….na klar, wer etwas schmuggeln will, versteckt das unter dem Vordersitz….das alles wirkt eher wie eine Schikane. Aber niemand regt sich auf. Alle bleiben ruhig.

George wird aufgefordert, seine Koffer zu öffnen. Bei mir wird das Topcase durchsucht. Dann soll ich die Seitenkoffer öffnen. Dafür muss ich die grosse Tasche vom Soziussitz los schnallen und ich fange ein bisschen umständlich damit an…der Uniformierte winkt ab. Schon gut. Adios.

Bis wir aus dem Hafen sind, ist es 8 Uhr. Eine morgendliche Fahrt am Meer entlang und eine halbe Stunde später stehen wir vor unserem Hostel, welches sich als sehr günstig und sehr gemütlich entpuppt und wir dürfen unser Zimmer sofort beziehen.

In den letzten 9 Tagen sind wir 2000 km gefahren. 7 Tage durch die Berge mit überwiegend kurviger Strecke. Die letzten zwei Tage auf der Autobahn immer geradeaus, weil das Navi uns trotz der Eingabe: „Vermeide Mautstrassen“ auf diese geleitet hat. Keine Berge mehr. Rasende Lastwagen. Öde Landschaft. Das hat nicht so richtig Spass gemacht. Und die letzte Nacht ohne viel Schlaf auf unbequemen Sitzen.

Wir sind müde und ausgelaugt. Ich fühle mich krank und schlafe fast den ganzen Tag. Abends waschen wir unsere Kleidung, denn das Hostel hat eine Waschmaschine für seine Gäste. So etwas müssen wir nutzen, denn als Motorradreisende haben wir nur eine sehr begrenzte Anzahl an Kleidungsstücken, die ab und zu von Schweiss und Staub fast steht. Oft waschen wir auch per Hand.

In La Paz gönnen wir uns eine Bootstour, auf der man mit Walhaien schwimmen kann. Walhaie werden bis 12 m lang und sind die grössten Fische der Welt. Der Mensch steht nicht auf seinem Speiseplan. Sie ernähren sich überwiegend von Plankton. Es ist ein grossartiges Gefühl, neben so einem Fisch zu schwimmen. Ob es für den Fisch o.k. ist, hat er uns nicht gesagt. Auf alle Fälle zieht er nah der Wasseroberfläche unbeeindruckt ganz ruhig seine Bahn, als wir mit Schwimmflossen, Taucherbrille und Schnorcheln ins Wasser springen. Unser Bootsmann stellt eine Bedingung: Den Walhai nicht anfassen! Von unserer Haut können krankmachende Keime auf den Fisch übertragen werden. Wir müssen uns beeilen, und die Schwimmflossen benutzen, um dem Walhai eine Weile zu folgen. In dem klaren Wasser kann man diesen riesigen, friedlichen Fisch gut beobachten.

 

Auf der Tour begleiten uns auch für eine kurze Zeit ein paar neugierige Delphine. Diese Meeresbewohner in freier Natur und so nah zu erleben….das ist ein fantastisches Erlebnis.

 

Danach geht die Fahrt zu einer Seelöwenkolonie auf der unbewohnten Insel Espiritu Santo. Auch dort dürfen wir ins Wasser hüpfen und die Seelöwen mit Taucherbrille und Schnorchel beobachten. Aber erst, nachdem der Bootsmann sich versichert hat, dass Macho, der Boss der Kolonie, etwas weiter abseits schläfrig auf seinem Felsen liegt, denn dieser Koloss könnte Menschen auch als Bedrohung sehen und angreifen.

 

Die Seelöwen sind sehr interessiert an den menschlichen Besuchern und es ist lustig, wie sie agil um und unter das Boot flitzen, zusammen spielen, sich umkreisen und gegenseitig zwicken. Es scheint, als ob sie sich durch die Menschen nicht gestört fühlen.

 

Auf der Rückfahrt steuert das Boot eine kleine einsame Bucht mit kristallklarem Wasser an. Die Sonne brennt erbarmungslos und es gibt keinen Schatten. Unsere Bootsmänner zaubern einen Tisch samt Sonnenschirm hervor. Aus einer Kühlbox servieren sie einen köstlichen Imbiss und kalte Getränke. Das ist bei der sengenden Sonne echter Luxus.

Diese Naturschauspiele, die wir in acht Stunden erlebt, gefühlt und gesehen haben, werden wir niemals vergessen.

Eine anstrengende Fahrt erwartet uns am 07.Mai 2017 auf dem Weg nach Loreto. Baustellen mit sandigen Abschnitten und ein stetiger heftiger Wind erschweren die Fahrt. Erst als wir das Meer wieder erreichen, dass sich blau und glitzernd vor uns ausbreitet, lässt der Wind nach.

 

Zwei Tage geniessen wir den kleinen, hübschen Ort Loreto, der allerdings nicht zu den billigsten gehört. Am Morgen der Abfahrt liegen all meine bunten Topcase-Anhänger am Boden, die ich auf der Reise gesammelt habe. Das bestickte Filzherzchen und der Traumfänger sind verschwunden. Wir vermuten, dass Vögel am Werk waren.

Am 09.Mai 2017 ist Santa Rosalia unser Ziel.

Unterwegs sehen wir von der Strasse aus wunderschöne Buchten mit weissen Sandstränden. In einer legen wir eine Pause ein und der Wunsch nach zelten kommt auf.

Auf der Weiterfahrt entdeckt George eine einsame Bucht. Auf einem Holzbrett an der Strasse steht mit grünen Buchstaben: El Coyote. Wir entscheiden, dass dieses ein guter Platz ist, endlich mal wieder zu campen.

 

Wir finden den vielleicht schönsten und friedlichsten Ort unserer bisherigen Reise und geniessen diesen weissen Sandstrand, ohne Internetverbindung, ohne Strom, ohne fliessend Wasser….bei Vollmond, mit kristallklarem Wasser, das zum schwimmen einlädt.

Morgens, zum Sonnenaufgang, schwimmen Walhaie vorbei. In der Ferne sieht man Delphine aus dem Wasser springen….so muss es im Paradies sein.

 

Stetig dabei sind hungrige Möwen und auch Geier, die sich um jeden Brocken streiten.

 

Unser Essen und Kaffeewasser kochen wir auf dem Lagerfeuer. Und…typisch mexikanisch, kommt morgens ein Wasserlieferant, der uns und anderen Campern bei Bedarf eine Tonne mit Süsswasser auffüllt, gefrorenen Fisch und auch Eiswürfel für die Kühlbox verkauft. Jede Gelegenheit wird genutzt für ein Geschäft und um ein paar Pesos zu verdienen. Wir besitzen keine Kühlbox, aber wir wickeln den gefrorenen Fisch in feuchte Lappen, lagern ihn schattig und so bleibt er tatsächlich bis abends frisch.

Donnerstag Nacht treffen zwei mexikanische Familien ein und bauen ihre Zelte direkt neben unserem Platz auf. Obwohl der Strand ca. 1 km lang ist und genug Platz bietet. Allerdings gibt es nur zwei Schatten spendende Baumgruppen und beide sind belegt. Eine von uns. Die Familien rücken immer näher, bis irgendwann ihre Stühle vor unserem Zelt stehen.

Bier wird literweise getrunken und der Lärmpegel steigt. Wir fühlen uns in unserem Paradies gestört. Zuerst sinnen wir auf Rache, um dann zu entscheiden, dass das nur Energie kostet und unseren Frieden nicht wieder bringt. Da es keine abgegrenzten Parzellen gibt, bleibt uns nur übrig, die lärmende Truppe gegen Mitternacht um etwas Ruhe zu bitten. Am Samstag packen wir unsere Siebensachen und reisen ab.

Diese Familien nutzen das Wochenende zur Erholung von der Arbeit. Sicher haben sie sich auf diesen Schattenplatz gefreut, da sie schon öfter dort waren und dann ist dieser Platz, besetzt….wir haben die Freiheit, uns einen neuen Platz zu suchen, müssen am Montag nicht beim Weckerklingeln aufstehen…So oft auf dieser Reise haben wir gedacht, dass jetzt nichts schöneres mehr kommen könnte, aber dann entdeckten wir doch wieder noch etwas schöneres. Trotzdem sind wir auch etwas traurig, diesen Platz zu verlassen und wären gerne noch 1 oder 2 Nächte geblieben.

All unsere Geräte benötigen dringend ein Aufladen der Akkus. Kurz vor Santa Rosalia suchen wir uns einen Campingplatz. Im Restaurant können wir alle Geräte aufladen. Auf der Baja California gibt es häufiger Campingplätze, die im übrigen Mexiko nur äusserst selten anzutreffen sind. Diese Plätze sind vor allem für die riesigen Wohnmobile der US Amerikaner. Wir finden ein schattiges Eckchen unter einer Pinie.

 

Früh am 14.Mai 2017 brechen wir auf Richtung Guererro Negro. Es geht durch die Wüste mit vielen riesigen Kakteen. Wieder ist ein stürmiger Wind unser Reisebegleiter. Guererro Negro liegt in einer öden Ebene und wir können auch mit bestem Willen nichts attraktives entdecken. Unsere Herberge für die Nacht bietet seit vielen Jahren fachkundige Touren an, wo man Wale beobachten kann, wenn sie ohne Bedrohung durch die Menschen in der Bucht vor Guererro Negro ihre Kleinen zur Welt bringen….das wäre reizvoll, aber die Saison ist vorüber und die Wale sind samt Nachwuchs schon wieder abgereist.

Am 15.Mai 2017 nehmen wir die Strecke nach Camalu, auf der es für ca. 320 km keine Tankstelle gibt, in Angriff. Das könnte für die Tankfüllung unserer Motorräder knapp werden.

Die Landschaft unterwegs ist atemberaubend. Öde Wüste wechselt sich mit Kakteenwäldern ab. Berge, die aus gigantischen Kieselsteinen zu bestehen scheinen. Verschiedenartige Kakteenarten, die zwischen riesigen Steinen wachsen, so dass es wie ein überdimensionaler Steingarten wirkt.

Anstrengend ist die mit Schlaglöchern übersäte Strasse und dazu der uns schon bekannte heftige Wind. An beides gewöhnt man sich irgendwann und dann stört es auch nicht mehr.

Nach der Hälfte der Strecke gibt es, typisch mexikanische Improvisation, eine private Tankstelle, bei der wir Benzin aus Plastikkanistern tanken und in dieser Hinsicht unbesorgt die Fahrt zu Ende bringen können.

In Camalu lenkt uns das Navi links in eine Strasse in Richtung eines überraschend preisgünstigen Hotels und wir bewältigen 4 km grobe Schotterpiste. Hügel rauf und Hügel runter, üben wir ein bisschen offroad fahren.

Bis an den Pazifik, wo unser ausgewählte Unterkunft einsam an der Steilküste gebaut wurde. Auf den ersten Blick romantisch. Auf den zweiten Blick erkennen wir, dass das Gebäude noch nicht fertig ist und das, was fertig gebaut ist, schon wieder zerfällt.

Aber das Essen im Restaurant ist richtig lecker.

Das Restaurant schliesst um 22 Uhr abends, die Angestellten fahren nach Hause und danach herrscht Totenstille und Dunkelheit im und rund um die Herberge, wo wir das Gefühl haben, dass wir die einzigen Gäste sind. Wahrscheinlich sind wir das auch. Echt gruselig. Diese ganze Szenerie könnte gut für einen Horrorfilm dienen.

Die Temperaturen sinken und zusammen mit dem stetigen Wind ist es einfach nur ungemütlich. Eigentlich wollten wir hier einen Abschlussbericht über Mexiko schreiben, ein Video gestalten, aber in dieser Atmosphäre will sich die Kreativität nicht einstellen. Wir machen ein paar Spaziergänge an der Steilküste, die auch ihre Reize hat.

Am 19.Mai 2017 steht dann unsere letzte Fahrt in Mexiko an. Es hat uns so gut gefallen, dass wir richtig traurig sind, dieses Land nun verlassen zu müssen. Über die USA denken wir, zugegeben, etwas negativ und haben Vorurteile gegen die „Amis“. Als Grenzort wählen wir Tecate, weil wir gehört haben, dass es ein kleiner Grenzübergang ist, wo die Wartezeit gering ist. In einer schmuddeligen Absteige mieten wir für 250 Pesos ein Zimmer, weil diese nah an der Grenze ist.

Abends suchen wir schon mal das mexikanische Zollgebäude, wo wir am nächsten Tag unser Permit abstempeln lassen müssen, um die hinterlegte Gebühr für die zeitbegrenzte Einfuhr von Fahrzeugen, zurück zu bekommen.

Dann gehen wir in das Zentrum von Tecate essen und genissen noch mal Clamato. Tomatensaft mit Pfeffer und Chili. Das ganze gemischt mit Bier.

Am Restaurant befinden sich drei mexikanische Musikergruppen, die abwechselnd spielen. Ein Gast singt wehmütig zum Spiel der Musiker und zum letzten Mal fühlen wir uns so richtig in Mexiko. So viel haben wir in diesem Land erlebt und gesehen. Durchweg haben wir nur freundliche Menschen angetroffen. Menschen, die Lebensfreude ausstrahlen. Humor besitzen. Die interessiert und hilfsbereit sind. Die Musik, Tanzen und Fiesta lieben. Das Essen hat uns gut geschmeckt. Vor allem die sonnengereiften tropischen Früchte. Wir haben gelernt, Speisen in Tortillas zu verpacken. Die fantastischen und so unterschiedlichen Landschaften haben uns staunen lassen. Topes und Schlaglöcher haben uns ab und zu das Fahren erschwert, aber wir haben uns daran gewöhnt. Ach…Adieu Mexiko. Wir sind bedrückt und traurig, aber auch neugierig, was uns in den USA erwartet.

 

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2 thoughts on “Baja California Richtung USA”

  1. Hallo ihr Beiden
    Habe gerade gemerkt wie lange ich nicht mehr mit euch gereist bin und wie schnell die Zeit vergeht.Wird euch bestimmt
    auch so gehen,bei den ganzen Eindruecken die Ihr sammelt.Faszination pur.Herzlichen Dank fuer die schönen Momente.Uebrigens genau die richtige Musik für die Route66.Begleite euch gerne weiter und wünsche euch eine schöne Zeit und unbegrenzte Möglichkeiten im Amiland.Liebe Grüsse

    1. Hallo Andrea, wir hatten ja auch lange keinen Bericht mehr geschrieben 🙂 Vielen Dank für deine guten Worte. Dass die USA so tolle Landschaften und so schöne Natur hat, haben wir nicht geahnt. Ja, leider rast die Zeit und das Ende unserer Reise kommt immer näher. Wenn Leute uns fragen, was nach der Reise ist…dann winken wir ab. Jetzt darüber nachdenken, wollen wir nicht. Kommt Zeit, kommt Rat 🙂
      Liebe Grüsse von Annette & George

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