Je weiter wir uns von Quintana Roo entfernen, desto weniger Tourismus begegnet uns. Damit sind die riesigen Hotelburgen und Shoppingmeilen gemeint, die wir in Cancun und Playa del Carmen gesehen haben. Mit jedem neuen Ort, den wir besuchen, wird es ursprünglicher. Nach Chichen Itza und Merida erreichen wir am 15.02.2017 wieder das Meer und Celestun. Ein kleines Fischerdorf, welches noch nicht mit Hotelburgen und modernen Souveniershops zugepflastert ist. Es gibt ein paar familiäre Hotels und Pensionen. Der zentrale Platz wird von kleinen Geschäften und Restaurants umgeben. Das alles rund um einen schattigen Park. Das ist unser erster Blick auf Celestun, als wir ankommen…

 

Hier scheinen die Uhren noch anders zu gehen. Vor allem auf jeder Seite des Turmes unterschiedlich.

 

Nach einem Kaffee gehen wir an den Strand und ja, das ist echt Karibik, wie wir es uns vorgestellt haben. Der kilometerlange weisse Sandstrand ist fast menschenleer und sauber. Das Meer glitzert blaugrün in der Sonne. Wir mieten uns ein Zimmer in einem Hotel, welches direkt am Strand steht und wir bekommen ein Zimmer mit Blick auf das Meer und stetig frischer Brise. Wir buchen für drei Tage, aber dann bleiben wir ganze zwölf, weil es uns so gut gefällt

Um Celestun herum liegt ein riesiges Naturschutzgebiet mit Mangrovenwäldern. Ca. 300 verschieden Vogelarten sollen hier leben. Zum Teil sehr seltene Arten.

Über unserem Hotel direkt am Strand, kreisen Fregattvögel.

 Kormorane und Pelikane kommen in Scharen zum Fisch fangen.

 

Im Hotelrestaurant hängt ein Wasserspender, wo winzige, bunte Kolibris sich bedienen.

 

Hunderte Flamingos kann man auf einer Bootstour in die Mangroven beobachten.

Ja, Celestun ist ein Fischerdorf. Immer noch. Abends fahren die Fischer mit ihren kleinen Booten auf das Meer und legen die Netze aus. Morgens kommen sie mit reichem Fang direkt an den Strand oder den kleinen Hafen. Hier ist das Meer noch nicht leer gefischt.

Viele Fische werden verpackt und gekühlt in andere Orte weiter transportiert. Aber am Strand kann man fangfrischen gegrillten Fisch essen.

 

Ein anderer Job, vielleicht auch Nebenjob für manchen Fischer, sind die Bootstouren in die Mangroven, wo die Flamingos leben. Kleine Boote mit Sitzen für bis zu 8 Personen warten am Strand, während die Besitzer versuchen, ein Trüppchen zusammen zu suchen.

 

Ist ein Boot voll besetzt, geht es in schneller Fahrt zuerst ein paar Kilometer an der Küste entlang, bis das Boot in einen Fluss abbiegt. Dort nähern sie sich vorsichtig den Flamingos, die im seichten Wasser Shrimps fangen. Von dieser Nahrung haben sie auch ihre rosa-orange Farbe, und das ist kein Witz.

 

Zur Bootstour gehört auch noch eine Fahrt durch die schattigen Mangrovenwälder, mit bizarren Bäumen. Es wirkt wie eine Märchenlandschaft.

 

Neben den normalen Restaurants und Supermärkten, gibt es viele winzige Lädchen, die bis in den letzten Winkel des Dorfes zu finden sind. Eher wie bei uns der Kiosk mit Getränken, Süssigkeiten, Zigaretten. Oder mobile Händler auf Fahrrädern, Mopeds oder ganz einfach zu Fuss. Winzige Restaurants, eher ein Verkauf „aus der privaten Küche“, bieten für ein paar Pesos einheimische Köstlichkeiten zum Verkauf. Aber auch immer mal Bekleidung, Kosmetik, Spielzeug. Diverse Werkstätten finden sich überall.

 

Macht man einen Spaziergang durch das Dorf, kommt man zuerst an hübschen, farbig angestrichenen Häusern vorbei. Die Strassen sind sauber gefegt.

Bis man auf unbefestigte Strassen und ganz schlichte Behausungen trifft. Ärmliche kleine Hütten. Und hier liegt auch viel Müll in der Gegend herum. Oft ist das einzige Bett dieser Menschen eine Hängematte, die über Tag platzsparend an der Wand aufgehängt werden kann. Hängematten haben allerdings fast alle Haushalte. Ganz bequem, luftig und leicht schaukelnd sind sie wunderbar, um darin Siesta zu halten.

 

Alle Menschen grüssen freundlich. Sie wirken sehr herzlich, fröhlich, humorvoll, sie reden viel miteinander und wir sehen sie oft lachen. Wir spüren, dass Familienzusammenhalt und Kinder eine ganz wichtige Bedeutung haben.

 

Irgendwo läuft immer typisch mexikanisch rythmische Musik, und das laut, so dass öfter mal zwei oder drei Stücke ein Pottpüree bilden. Niemanden stört das. Die Farmacia mit dem „dicken Doktor“ als Symbol, ist uns schon in anderen Orten aufgefallen. In Celestun hat sie ihre Filiale in einer Nebenstrasse. Vor ihren Toren stehen riesige Lautsprecher und sobald sie öffnet, 8 Uhr morgens, bis zum Ladenschluss um 22 Uhr, hört man extrem laute Popmusik. Dazu tanzt eine als „dicker Doktor“ verkleidete Person in einem Kostüm, in der Art wie Mickey Maus in Disneyland…und das bei den Temperaturen. Wahrscheinlich ist es das Konzept dieser Apothekenkette. Ab und zu ergreift dann eine Verkäuferin das Mikrofon und preist im Slang eines DJ’s lauthals die diversen Produkte der Apotheke an. Danach muss der „dicke Doktor“ wieder tanzen..

 

Eigentlich geht es in Celestun erst ab 19 Uhr abends richtig los, wenn die Sonne untergegangen ist und es kühler wird. Es scheint, als ob das ganze Dorf auf den Beinen bzw. auf Rädern ist. Fast jeder hat hier ein Moped oder Tuktuk, mit oder ohne Motor. Alleine, zu zweit oder als Familienkutsche. Vater, Mutter und zwei Kinder auf einem Zweirad, das ist ganz normal. Alle kommen zum zentralen Dorfplatz, um einzukaufen, um zu essen oder einfach, um sich im Park auf ein Schwätzchen zu treffen.

Die Kulisse ist unbeschreiblich. Motorisierte Zwei-und Dreiräder fahren ständig brummend und knatternd hin und her, aus diversen Ecken schallt laute rythmische Musik, die sich vermischt, ab und zu fährt ein Fahrzeug mit grossen Lautsprechern vorbei, um Ware alles übertönend anzupreisen, Kinder spielen johlend, Hunde kläffen…..und das bis in die Nacht hinein. Wir malen uns ab und zu aus, wie es wäre, wenn man diese Szenerie in eine kleine, deutsche Ortschaft verlegen würde…

 

Wer kein eigenes Gefährt hat, lässt sich mit einem der zahlreichen Tuktuk-Taxis kutschieren und sei das auch nur zwei Strassen weiter.

 

Die zwei Beine werden anscheinend weniger benutzt. Seit unserer Ankunft in Mexiko ist uns aufgefallen, dass viele Mexikaner übergewichtig sind.

Das liegt wahrscheinlich nicht nur an der mangelnden Bewegung, sondern auch daran, dass sie gerne und viel essen. Das Essen ist aber auch richtig lecker. Zudem gibt es an jeder Ecke Süsskram, Limonade und fettes Knabberzeug. Schaut man auf die Speisekarte im Restaurant, sind Gemüse und Salat Mangelware. Viel Fleisch oder Fisch, etwas Reis, ein paar Zwiebelringe und 2 Tomatenscheiben. Vegetarier haben es hier nicht leicht.

 

 

Es werden Unmengen von Tortillas verspeist. Fleisch, Gemüse, Salat…alles wird klein geschnitten, zusammen mit scharfen Sossen in die kleinen Maisfladen verpackt und in den Mund befördert.  Tortillas werden entweder im eigenen Haushalt traditionell hergestellt, oder in der Tortilleria gekauft. Dort übernimmt eine Maschine die schweisstreibende Arbeit.

 

An einem Nachmittag liegen wir dösend unter einem Baum am Strand. Plötzlich ertönt das Krähen eines Hahnes. Bislang haben wir noch keinen Hahn in der Nähe es Hotels gesichtet. Wieder und wieder schallt es „Kikerikie“ aus dem Baum über uns. Es klingt nicht wie das kräftige Krähen eines erwachsenen Tieres, sondern wie ein Hahn, der noch üben muss. Nach einer Weile hören wir eine Bohrmaschine. Dann abwechselnd Hahn und Bohrmaschine und immer wieder Töne, die wie ein meckerndes Lachen klingen. Weder sitzt ein Hahn im Baum, noch jemand mit einer Bohrmaschine, sondern ein schwarzer Katzenvogel, der uns da zum Narren hält.

 

Zum Hotel gehört ein Rudel Hunde, sanft und menschenfreundlich. Zum Sonnenaufgang sieht man sie am Strand fröhlich toben. Wenn es dann richtig heiß wird, suchen sie sich schattige Plätze und dösen den ganzen Tag. Die haben es richtig gut dort.

 

An den beiden letzten Tagen entdecken wir, dass das Meer, da, wo das Dorf endet, und nur ganz selten Leute sind, klarer ist und es liegen viele riesige Schneckenhäuser und anderes im Sand. Wir kommen uns vor wie Robinson Crueso.

 Leider gibt es keine Schatten spendenden Bäume, die Sonne brennt erbarmungslos. Irgendwann stehen wenige Meter vom Meer entfernt 3 Bambusgestelle mit Dach auf einem grossen freien Platz. Links ein gelbes Haus. Hinter dem Platz in ca. 30 m Entfernung ein flaches Gebäude.

Da wir keinen Menschen in der Nähe sehen, setzen wir uns unter das runde Dach, wo auch eine Sonnenliege steht und dösen vor uns hin. Plötzlich fällt ein Schatten über uns und hinter uns steht ein Soldat in Berufskleidung. Dieses sei das Sonnendach von „el Chef“, erklärt er…und deutet auf das schöne gelbe Haus mit riesiger Satellitenschüssel neben diesem Strandabschnitt und dass das Schattenplätzchen immer frei bleiben muss, damit „el Chef“ sich dort entspannen kann, wann immer er möchte…aber wir dürfen in einer der anderen Hütten Rast machen. Anscheinend befinden sich die Soldaten einzig und alleine dort, um das Haus, den Strandabschnitt und „el Chef“ (wer auch immer das sein mag) zu bewachen.

 

Wir sammeln ein paar Muscheln, gehen schwimmen, schauen den Pelikanen und Kormoranen zu, finden einen skelettierten Pelikankopf…bis der Soldat wieder kommt und freundlich aber deutlich mitteilt, dass wir nun verschwinden müssen.

Am 27.02.2017 verlassen wir Celestun. Man soll Orte dann verlassen, wenn es am schönsten ist. Vielleicht hat dieses Paradies ja eine Chance zu überleben. Vielleicht wird der sanfte Tourismus beibehalten. Diesen wunderschönen Ort, mit so vielen herzlichen und lebensfrohen Menschen, werden wir in sehr guter Erinnerung behalten.

 

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2 thoughts on “Paradies in der mexikanischen Karibik”

    1. Thank you, Vagelis 🙂 Soon there is the text also in Greek.
      Here in Mexiko we have one flash after another…..a fascinating country.
      Today we arrived San Cristobal de las Casas. 2100m in the mountains. We are sure, you and Voula would love it!! 😉
      πολλούς χαιρετισμούς από εμάς

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